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Sonntag 19. Mai 2024

Der Eschmarer Nostradamus

"Die Menschen werden die Vögel nachahmen und in die Lüfte fliegen wollen". Dass der Mensch einmal fliegt, konnte man vor wenigen Hundert Jahren kaum sicher erahnen. Der Eschmarer Bernhard Rembold tat es – zum Staunen seiner Mitmenschen – dennoch. Besser bekannt ist er in der Region unter seinem Spitznamen "Spielbähn".

Im Jahr 1725 zog "Spielbähn" im Alter von 36 Jahren von Overath nach Eschmar. Während seiner Lebzeit verfasste Rembold zahlreiche Weissagungen – 122, um genau zu sein – die er in Versform für die Nachwelt festhielt. Diese Weissagungen wurden von dem in Birlinghoven geborenen Schriftsteller Wilhelm Schrattenholz im Jahre 1848 in seiner Broschüre "Spielbähn, der Prophet" festgehalten und verhalfen dem Eschmarer zu internationaler Bekanntheit.

Sein Name setzt sich zusammen aus seinem enthusiastischen Geigenspiel einerseits und seinem Vornamen andererseits. "Spielbernd" ergibt mit rheinischem Akzent "Spielbähn". In Eschmar lebte er bis an sein Lebensende im Jahr 1783.

Einige von "Spielbähns" Prophezeiungen bezogen sich auf technische Innovationen, wie zum Beispiel das Auto: "Von wegen der Wagen, so da durch alle Welt laufen, ohne von lebendigen Geschöpfen gezogen zu werden".

Das erste Dampfschiff auf dem Rhein, der englische Schaufelraddampfer "Defiance", erreichte erst 33 Jahre nach "Spielbähns" Tod im Jahr 1816 Köln. Dennoch sagte er voraus, dass bald schon "die schwersten Schiffe den Rhein hinanlaufen ohne Pferd und Wind".

Ebenso schrieb Spielbähn militärische Weissagungen nieder. Solche für das 19. Jahrhundert traf Spielbähn faszinierend genau, prophezeite er dem Rheinland in seinen Versen doch, dass "Wiesen und Felder des Rheinlandes schon im kommenden Jahr von Soldaten besetzt sein werden." Und tatsächlich: Elf Jahre nach seinem Tod, im Jahr 1794, begannen die Truppen Napoleons ihre Feldzüge in Richtung Rheinland.

Eine sehr genaue Weissagung – vielleicht sogar zu genau: Möglich, dass hinter den Weissagungen "Spielbähns" eine gewitzte Werbekampagne von Wilhelm Schatzenholz steckt, um sein Buch besser vermarkten zu können. Denn eins ist klar: Weissagungen und Prophezeiungen waren bei vielen Menschen im 17. Und 18. Jahrhundert beliebt. Ebenso war Schatzenholz bekannt als Autor von Sagen und Märchen.

Eine von "Spielbähns" Weissagungen ist jedoch belegt: In der Silvesternacht 1771/1772 sah er einen Brand der Siegburger Benediktiner Abtei auf dem Michaelsberg vorher. Noch während seine Kameraden ihn in einer Wirtschaft unterhalb des Berges auslachten, empfahl "Spielbähn", schon einmal die Wasserspritze zu holen, denn das Feuer werden die Abtei "verzehren bis auf das Gotteshaus, welches verschonet bleibet von den Flammen".

Kurze Zeit später brannte die Abtei tatsächlich. Der Hauptverdächtige – man ahnt es – war "Spielbähn" selbst. Letztlich wurde er aufgrund des Mangels an Beweisen für unschuldig befunden, eine weitere Verbreitung seiner "göttlichen Offenbarungen" wurde jedoch unter Strafe verboten. Da "Spielbähn" in der Folge seiner Aussagen in ein Gefängnis gesperrt wurde, ist diese Prophezeiung eine der wenigen, die tatsächlich sauber dokumentiert ist.

In den vergangenen Jahren ist der einst berühmte "Nostradamus des Rheinlandes" zunehmend in Vergessenheit geraten. Dennoch zählt er sicherlich zu einer der interessanteren Figuren, die in den vergangenen Jahrhunderten in den Troisdorfer Dörfern lebte. (pho)

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