Intergrationsrat der Stadt Troisdorf
Fünf Jahre nach dem antisemitischen Anschlag in Halle – Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit rücken noch weiter in die Mitte der Gesellschaft.
Pressemitteilung des Integrationsrates der Stadt Troisdorf zum 5. Jahrestag des Anschlags in Halle, am 9. Oktober 2024
Am 9. Oktober 2019 erschütterte ein rechtsextremistischer und antisemitischer Anschlag unser Land. Ein junger Mann versuchte am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in eine Synagoge einzudringen und dort möglichst viele Menschen zu töten. Da es ihm nicht gelang, erschoss er zwei Personen in unmittelbarer Nähe des Gebäudes.
Heute, 5 Jahre später, sind die Phänomene Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in der Gesellschaft präsenter denn je. Mit großer Sorge blickt der Integrationsrat der Stadt Troisdorf auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland. Im Internet verbreiten Rechtspopulisten auf geschickte Weise ihre Ideologien und machen Menschen mit internationaler Familiengeschichte, Angehörige religiöser Minderheiten und Frauen für persönliche Niederlagen und gesellschaftliche Probleme verantwortlich.
Leider müssen wir feststellen, dass die AfD es geschafft hat mit der Verbreitung ihrer rechtspopulistischen Rhetorik die Grenzen des Sagbaren zu verschieben und neben Rassismus auch Sexismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit immer gesellschaftsfähiger zu machen.
Die demokratischen Parteien haben es bisher versäumt, dieser Entwicklung rechtzeitig entgegenzusteuern.
Die Strategien der Rechten, wie etwa Angst- und Bedrohungspolitik, Framing, starkes Vereinfachen komplexer Sachverhalte und Ernennung von Sündenböcken, Desinformation etc. müssen häufiger öffentlich analysiert und dekonstruiert werden. Stattdessen stellen wir leider fest, dass Teile einiger demokratischer Parteien derzeit zunehmend selbst den Jargon der Rechtsextremisten nutzen – um verlorene Wählerstimmen zurückzugewinnen, anstatt sich klar und deutlich gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu positionieren. Mit der Nutzung rechtspopulistischer Narrative legitimieren sie eine gesellschaftsspaltende Politik und tragen zu einer Normalisierung von Ausgrenzung und Hass bei. “Wir möchten daher ausdrücklich vor den Folgen warnen, Konzepte und Wortwahl der AfD zu übernehmen und noch weiter in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Sie erhöhen dadurch die Popularität des Rechtsextremismus, anstatt ihn zu schwächen!”
Oguzhan Aytac, Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Troisdorf.
Der Rechtsextremismus gefährdet nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern auch die Sicherheit von Personen, die zu Zielen rechtsextremistischer Straftaten ernannt werden. So hat sich die Anzahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten zwischen 2018 und 2023 um 66,5% erhöht.
Diese Zahl ist ebenso beunruhigend wie die beachtliche Präsenz der Rechtsextremisten in den Kommunalparlamenten, Landtagen und im Bundestag.
Als demokratisches Land tragen wir die Verantwortung dafür, Minderheiten zu schützen und rechtsterroristische Anschläge wie 2019 in Halle, 2020 in Hanau und viele weitere nicht wieder geschehen zu lassen! Wir möchten heute den Opfern dieser Anschläge gedenken und daran erinnern, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus niemals vernachlässigt werden darf. Unsere Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und mit jedem Tag zunehmend in Gefahr.