Ein Spaziergang durch die Schwarze Kolonie in Friedrich-Wilhelms-Hütte lässt vergangene Erinnerungen lebendig werden. Uwe Göllner, der in den 1940er- und 1950er-Jahren selbst in der Kolonie aufwuchs, nahm den Rundblick Troisdorf mit auf einen Rundgang durch die Kolonie und ihre Vergangenheit: eine Zeit, in der kleine Geschäfte, Kneipen, Metzgereien, Bäckereien und Dienstleister das Bild der Kolonie ebenso prägten, wie ein besonderer Zusammenhalt unter den Bewohnern.
Der Rundgang beginnt am Hüttener Bahnhof – damals weit mehr als ein einfacher Haltepunkt. Göllner erinnert sich: “Am Bahnhof gab es drei Wirtschaften, in denen sich die Menschen abends und am Wochenende trafen.” Eine dieser Wirtschaften war die Gaststätte Heinen, in der Göllner selbst als Neunjähriger den umjubelten WM-Sieg von 1954 erlebte. Zu dieser Zeit war der Bahnhof auf der Hütte ein wichtiger sozialer Treffpunkt für die Bewohner.
Überquert man die Mendener Straße vom Bahnhof aus in Richtung Robert-Müller-Platz, erreicht man über die Siemensstraße die Schwarze Kolonie. “Alles, was man zum Leben brauchte, gab es damals in der Kolonie zu kaufen”, erzählt Göllner. An der Beumerstraße 2 und 4 befanden sich ein Konsum sowie ein Kaiser`s Markt. Weitere Lebensmittel bot Lebensmittel Overath an, und die Metzgerei Schiller im “Bosse Häuschen” am Ende der Langenstraße versorgte die Kolonie mit frischem Fleisch. Ein fahrender Bäcker lieferte Brot, bis die Bäckerei Richarz ein Geschäft eröffnete. “Das beste Eis der Welt”, sagt Göllner lachend, “gab es im Sommer von einem mobilen Eiswagen, der regelmäßig durch die Straßen fuhr.” Natürlich gab es auch Dienstleister wie Schlosser, Friseure und Schuhmacher. Bis in die 1970er-Jahre hinein waren die Betriebe dort ansässig – dann eröffnete der erste Supermarkt auf der Hütte – eine große Konkurrenz für die familiären Betriebe.
Über die Siemensstraße gelangt man zum Windgassenplatz. Seit jeher ein wichtiger Ort im Zentrum der Schwarzen Kolonie. Wo heute der kleine Brunnen steht, war damals noch ein großer Kühltrog, der im Sommer für Abkühlung sorgte. 1978 wurde der Trog dann in einen Brunnen umgebaut. Dieser trägt den Schriftzug “Zur Erinnerung an die Eisengießerei der Klöckner-Mannstaedt-Werke; 1851-1984” und erinnert an die industrielle Vergangenheit der Kolonie. Bis zur Privatisierung der Häuser in den späten 1970er-Jahren, die von Stadt, Mietern und Werksleitung einvernehmlich vorangetrieben wurde, lebten ausschließlich Arbeiterfamilien in der Kolonie, die für diese zwischen 1912 und 1914 errichtet wurde.
Auch wegen der gemeinsamen Vergangenheit sei der Gemeinschaftsgeist tief in der Schwarzen Kolonie verwurzelt, erklärt Göllner auf dem Rundgang: Die Bewohner waren durch ihre Arbeit in den nahegelegenen Klöckner-Mannstaedt-Werken miteinander verbunden. Sie kamen aus ähnlichen Verhältnissen, teilten die gleiche soziale Stellung, die gleichen Sorgen und Nöte, hatten die gleichen Interessen. Dieser Zusammenhalt prägte das Leben in der Kolonie und schuf eine enge Solidarität unter den Bewohnern, die teils bis heute nachwirkt.
Als Troisdorfer “Neubürger” zogen die Arbeiter damals aus dem Kölner Stadtteil Kalk in die Kolonie zu. Dort trafen die Arbeiterfamilien auf skeptische Troisdorfer – zwei Welten prallten aufeinander: die an großstädtische Verhältnisse gewöhnten Arbeiterfamilien einerseits und die dörflichen Verhältnisse in und um Troisdorf herum andererseits. Aus den Gegensätzen resultierte eine relative Isolation der Kolonie vom restlichen Teil Troisdorfs – auch das verstärkte den Gemeinschaftsgeist und die Solidarität der Bewohner untereinander. Wegen der Herkunft der Arbeiterfamilien wurde die Kolonie anfangs “Neu Kalk” genannt. Später wurde sie dann – wegen der charakteristischen schwarzen Dächer – zur Schwarzen Kolonie. (pho)