Der Troisdorfer lief im 133. Land der Erde
Nach langer Corona- und Verletzungspause (der letzte Wettkampf fand 2021 in Katar statt) war Hanno Rheineck wieder weltweit “laufend” unterwegs. Zunächst ging es nach Südamerika. In Argentinien, Brasilien, Surinam und Uruguay hatte der frühere 100m-Sprinter (Bestzeit 10,5 Sek. und fünffache Seniorenweltmeister) bereits an Sportfesten teilgenommen. Diesmal hieß das erste Ziel Paraguay. In der Hauptstadt Asuncion fand ein Straßenlauf mit 2.000 Läufern aus 40 Nationen statt. Der Troisdorfer (Mitglied des 1. FC Spich) beteiligte sich am 7km-Lauf und erreichte das Ziel nach 61 Minuten zwar als mit Abstand Ältester, aber bei weitem nicht letzter Läufer. Auf Grund seines Deutschland-Trikots wurde er von vielen Deutschen angesprochen, die vor Jahren nach Paraguay ausgewandert waren. Infolge Gewitter und Dauerregen war die Temperatur von einem auf den anderen Tag von 32 auf 10 Grad gefallen. “Sowas hatte ich noch nicht erlebt”, erzählte der Weltenbummler. Genauso ungewöhnlich war ein Feuerwerk am Sonntagmorgen um 5 Uhr!
Die allein organisierte Reise ging weiter nach Bolivien, das dreimal größer als Deutschland ist. Hier besuchte der Seniorensportler zunächst La Paz. Diese Stadt (3 Mio. Einwohner) hat gleich mehrere Superlative aufzubieten: höchst gelegener Regierungssitz der Welt, den mit 4.061 m höchst gelegenen internationale Flughafen der Welt und das mit 33 km Länge längste Seilbahnnetz der Welt, das der Troisdorfer natürlich auch als Nahverkehrsmittel benutze. “Es war schon beeindruckend, einmal 40 Minuten lang über dieser Großstadt zu schweben”, berichtete der Spicher Läufer. Während sich in der Woche der Verkehr durch die Metropole des Andenstaates quälte (man sieht noch sehr viele VW-Käfer!), gab es an einem Sonntag allgemeines Fahrverbot: eine herrliche Stille! Zudem hatte Rheineck Glück, denn trotz aller Befürchtungen bekam er überhaupt keine Probleme mit der dünnen Luft auf 4.000 m Höhe. Ein Stadion liegt 4.150 m hoch und er trainierte sogar in La Paz. Zahlreiche Besichtigungen standen auf dem Programm, z. B. auch der Besuch der Deutschen Schule, die als die beste Schule Boliviens gilt. Direktor Andreas Zimmermann führte den früheren Lehrer durch den großen, sehr gepflegten Schulbereich, in dem 1.000 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden.
Es ging weiter nach Cochabamba, der mit 1 Mio. Einwohnern viertgrößten Stadt Boliviens im zentralen Hochland der Anden. Auf Einladung von Marco Luque, dem Präsidenten des Leichtathletikverbandes, nahm Rheineck an den dreitägigen bolivianischen Seniorenmeisterschaften teil. Die Spiele begannen mit einer groß angelegten, mehrstündigen Eröffnungsfeier mit Orchester, Nationalhymne usw. und endeten mit einem gemeinsamen Festbankett. Neben einer Argentinierin war Hanno Rheineck unter 450 Aktiven der einzige Ausländer. Der Rhein-Sieg-Sportler beteiligte sich am 800m-Lauf und lief 5: 50 Minuten. “Das war nicht so toll”, meinte der Troisdorfer selbstkritisch, “aber man muss das Alter (82 im November), die Höhe (2.600 m) und die Hitze ( 30 Grad) berücksichtigen.” Auf jeden Fall gab es viele wunderbare Begegnungen mit den Seniorensportlern.
Nach kurzem Stopp in Troisdorf ging es wieder los, aber diesmal nach Osten. Ziel für den Sportler, der bereits zahlreiche Wettkämpfe in Asien (sogar in Nordkorea!) bestritten hatte, war Nepal (zwischen Tibet und Indien gelegen), das letzte Hindu-Königreich und Geburtsland Buddhas. Kein Land hat so viele Achttausender im Himalaya, an erster Stelle natürlich der Mount Everest, den höchsten Berg der Erde. Rheineck besuchte die quirlige Hauptstadt Kathmandu. Neben all den “üblichen” Sehenswürdigkeiten bekam er eine besondere Führung durch das Dwarikas, das erste Hotel am Platz, das mit seinen zahlreichen alten Holzschnitzereien die umfangreichste Sammlung besitzt, die sich weltweit in Privatbesitz befindet. Nach einem Ausflug in die alte Königs- und heutige UNESCO-Weltkulturerbestadt Bhaktapur ging es nach Pokhara, malerisch am Phewa-See im zentralen Hochland gelegen. Hier begegnete Rheineck zahlreichen Trekking-Gruppen aus aller Welt. Vom Aussichtspunkt Sarangkot gab es um 5.30 Uhr beim Sonnenaufgang ein einzigartiges Bergpanorama zu sehen. Ungemein beeindruckend war der Moment, als die Sonne langsam über die Berge “kroch” und die Gipfel der Annapurna (mit 8.091 m zehnthöchster Berg der Erde) und des Machapuchare (fast 7.000 m hoch) und andere magische Berge in goldenen Farben beleuchtete.
Höhepunkt der Reise sollte der 16. Kathmandu-Marathon werden, zu dem in verschiedenen Strecken 3.000 Läufer aus 17 Nationen (sogar aus Brasilien, Kenia etc.) angemeldet waren. Seit Tagen hatte es aber unaufhörlich Starkregen gegeben. “Ich glaubte auf keinen Fall, dass der Lauf stattfinden würde”, erzählte der Seniorensportler. “Bei uns wäre die Veranstaltung mit Sicherheit abgesagt worden, aber hier fand sie statt! Wir starteten um 6 Uhr früh in strömendem Regen und wurden einmal sogar durch einen Ordner fehlgeleitet. Einmal mussten wir durch eine überflutete Straße, wo nichts (z. T. war auch die Straßenbeleuchtung ausgefallen!) zu erkennen war. Ich wäre fast in einen Abwasserkanal gestürzt, konnte mich aber gerade noch fangen. Nach dieser Wasserschlacht kam ich im Dasherath-Stadion ins Ziel und wurde vom Laufdirektor persönlich geehrt. Mit meiner Zeit von 50 Minuten 17 Sekunden war ich für die profilierte fast 6km lange Strecke unter diesen extremen Umständen (Gewitter, Wolkenbruch) noch zufrieden. Ich habe fast 2.000 Wettkämpfe auf allen Kontinente bestritten, aber so einen Lauf hatte ich noch nie erlebt!” In dieser Unwetternacht kamen (z. T. auch durch Erdrutsche) 100 Menschen ums Leben. Die Tagesschau berichtete darüber. Rheineck (82) wurde als ältester Teilnehmer (vor einem 72-jährigen Inder) von Radio Kathmandu um ein Interview gebeten. Der Reporter sagte: “Ihr Alter löst ungläubiges Erstaunen und Bewunderung aus. Wie kann man sich so lange so fit halten?” Rheinecks Antwort: “Ich habe ein Leben lang viel Sport betrieben und trainiere heute immer noch mindestens viermal in der Woche. Ich habe nie geraucht, nur wenig Alkohol getrunken, niemals Drogen oder Doping zugelassen. Wichtig sind viel Schlaf, gesunde Ernährung und viele soziale Kontakte.” Beeindruckt war der Reporter auch von der Vielzahl der internationalen Wettkämpfe. “Wie mir der Veranstalter sagte, sind Sie heute im 133. Land der Erde an den Start gegangen und dann bei diesem Wetter. Glückwunsch!” Der Troisdorfer führt damit mit großem Vorsprung die Internet-Rangliste https://www.laenderlaeufer.de an.
Danach ging die Reise weiter. Auf dem fünfstündigen Flug nach Kuala Lumpur bekam Rheineck einen Platz neben der amtierenden Schönheitskönigin Nepals, Prema Lamgade. In Malaysia traf er langjährige Freunde wieder und besuchte ein Elefanten-Schutzgebiet. Mit zahlreichen Eindrücken kehrte der Sportler nach Troisdorf zurück. Insgesamt sieben Wochen (drei Wochen in Südamerika und vier Wochen in Asien) war Hanno Rheineck allein unterwegs gewesen.