Weiterbildung und Quereinstieg klug nutzen
Ein Berufswechsel oder eine Weiterbildung mit über 40 ist heute keine Seltenheit mehr – im Gegenteil: Angesichts des demografischen Wandels, digitaler Umbrüche und wachsender Fachkräfteengpässe wird lebenslanges Lernen zur Regel. Für Menschen, die sich beruflich verändern wollen oder müssen, bietet das deutsche Weiterbildungssystem zahlreiche Instrumente.
Besonders im mittleren Lebensalter stehen heute deutlich mehr Unterstützungsangebote bereit als noch vor wenigen Jahren.
Vielfältige Förderinstrumente für den Neustart
Zentraler Ansprechpartner ist in fast allen Fällen die örtliche Agentur für Arbeit. Sie stellt unter anderem den sogenannten Bildungsgutschein aus. Dieser ermöglicht die vollständige Finanzierung zertifizierter Weiterbildungen – einschließlich Kursgebühren, Prüfungen, Lernmittel sowie gegebenenfalls Fahrt- und Betreuungskosten. Für viele ist dies der erste Schritt in Richtung Umschulung, beruflicher Neuausrichtung oder Qualifizierung für eine neue Branche. Eine vorherige Beratung durch die Arbeitsagentur ist verpflichtend, ersetzt aber gleichzeitig die Notwendigkeit, sich in ein komplexes Förderdickicht allein einzuarbeiten.
Ein weiteres wichtiges Instrument ist das Qualifizierungschancengesetz. Es richtet sich an Menschen, die bereits berufstätig sind und sich innerhalb ihres Unternehmens weiterentwickeln möchten – oder sich fit für einen drohenden Wandel im Arbeitsumfeld machen wollen. Je nach Betriebsgröße übernimmt der Staat bis zu 100 Prozent der Weiterbildungskosten und gewährt Zuschüsse zum Arbeitsentgelt während der Maßnahme. Diese Regelung ist besonders relevant für kleinere Unternehmen, deren Mitarbeitende sich häufig nicht aus eigener Kraft weiterqualifizieren können.
Wer in einem besonders stark vom Wandel betroffenen Berufsfeld arbeitet oder von Jobverlust bedroht ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch das Qualifizierungsgeld in Anspruch nehmen. Dabei handelt es sich um eine Art Lohnersatzleistung, die es Beschäftigten ermöglicht, sich während der Arbeitszeit weiterzubilden, ohne auf das Gehalt verzichten zu müssen.
Arbeitgeber verpflichten sich im Gegenzug zur Sicherung der Beschäftigung nach Abschluss der Maßnahme.
Auch ohne Berufsabschluss zum Ziel
Ein bedeutendes Förderinstrument für Erwachsene ohne formalen Berufsabschluss ist das Programm „Zukunftsstarter“. Es richtet sich an Menschen über 25 Jahre, die bisher keinen Berufsabschluss erworben haben oder in einem nicht anerkannten Beruf tätig sind. Übernommen werden nicht nur die Lehrgangskosten, sondern auch Nebenkosten wie Fahrt und Unterkunft. Zusätzlich sind Prämienzahlungen bei bestandener Zwischen- und Abschlussprüfung vorgesehen. Ziel ist es, mehr Menschen zu einem anerkannten Berufsabschluss zu führen – und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dauerhaft zu verbessern.
Auch wer einen Schritt in Richtung beruflicher Aufstieg plant, etwa durch eine Meisterfortbildung oder eine Weiterbildung zur Fachwirtin, kann Unterstützung beantragen. Das sogenannte Aufstiegs-BAföG fördert berufliche Weiterbildungen inzwischen deutlich großzügiger als früher: Bis zu 18.000 Euro an förderfähigen Lehrgangs- und Prüfungskosten werden übernommen, zudem gibt es einen Teilerlass bei erfolgreichem Abschluss.
Auch Teilzeitmaßnahmen werden gefördert – ein entscheidender Punkt für viele Berufstätige ab 40.
Landesförderung und persönliche Beratung als Schlüssel
Ergänzend zu den bundesweiten Programmen gibt es in vielen Bundesländern spezielle Landesförderungen. In Nordrhein-Westfalen ist dies beispielsweise der Bildungsscheck NRW. Er richtet sich an Beschäftigte, Selbstständige oder Berufsrückkehrende mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unterhalb bestimmter Grenzen. Die Förderung beträgt bis zu 50 Prozent der Kurskosten, maximal jedoch 500 Euro pro Maßnahme. Der Bildungsscheck kann jährlich neu beantragt werden und ergänzt andere Programme sinnvoll.
Wichtig bleibt: Jeder berufliche Neustart beginnt mit einer individuellen Beratung. Die Arbeitsagenturen, aber auch Volkshochschulen, Industrie- und Handelskammern oder andere Bildungsträger bieten entsprechende Sprechstunden an. Dort erhalten Interessierte nicht nur Orientierung, sondern auch konkrete Hinweise, welche Förderwege im persönlichen Fall realistisch und sinnvoll sind. Mit dem richtigen Plan und etwas Mut wird aus einem beruflichen Bruch schnell eine neue Chance – gestützt von einem System, das gerade Menschen über 40 zunehmend gezielt fördert.